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07.02.2020
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Anna Sophie Meyer geb. Spreckels geboren am 24. November 1808, hingerichtet am Freitag, dem 24. Juli 1835 Annas Spuren- die Aufarbeitung einer Tragödie Von Dietrich Alsdorf Bearbeitet und in Szene gesetzt
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Es gibt wahre Geschichten, die sind so bewegend, dass sie die Herzen der Menschen auch noch nach Jahrhunderten berühren.
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Wie zu allen Zeiten und überall auf der Welt hat es sie auch am stillen Fluss gegeben. Kleine und große Tragödien um Liebe und Hass, Gewalt und Mord.
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Sie sind vergessen, vergangen wie jene Menschen, die sich damals unrettbar in einem System allgegenwärtiger sozialer Zwänge verstrickten, an deren absehbarem Ende nur allzu häufig der Henker stand.
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Eine dieser Tragödien jedoch hat überdauert, wurde weitererzählt, schließlich aufgeschrieben.
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Es ist die Geschichte der Anna aus Blumenthal.
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Eine junge Magd, die vor rund 170 Jahren einen Mann heiraten muss, den sie nicht liebt. Doch um ihrer erblindeten Mutter einen würdigen Lebensabend zu ermöglichen, lässt sie sich zur Heirat eines 30 Jahre älteren Witwers überreden, obwohl sie eigentlich und das schon länger, dessen Sohn Claus liebt.
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Auf einem Bauerhof am Fuße des Stellberges kommt es im Winter 1832/33 zu einer Tragödie. Die junge Anna verweigert sich dem Alten, wird von ihm dafür geschlagen und misshandelt. Als sie von Claus schwanger ist, sind sie und ihr ungeborenes Kind akut bedroht. Nicht nur durch die fortwährenden Misshandlungen. Der Alte droht seiner Frau mit Anzeige, seinem Sohn die Rücknahme der in Aussicht stehenden Hofübernahme. Auf "blutschänderischen" Umgang und unehelichen Beischlaf steht Gefängnis. In einer Märznacht, nur vier Monate nach ihrer unglücklichen Heirat, hilft Anna ihrem Claus, nachdem Vergiftungsversuche gescheitert sind, bei der Tötung ihres Peinigers. Von der Schwägerin denunziert, wird zunächst Claus inhaftiert. Sie hätte lieber ihren noch minderjährigen Neffen als Erben des Hofes gesehen. Um sein Leben zu retten, denunziert Claus seine Geliebte, so dass auch sie verhaftet wird.
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Über zwei Jahre später werden Anna und Claus auf einem Hügel bei Himmelpforten mit dem Schwert hingerichtet. Tausende Schaulustige verfolgen den grausigen Akt, der zugleich eine der letzten öffentlichen Hinrichtungen im Königreich Hannover ist.
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Beide werden an Ort und Stelle verscharrt.
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Dort liegen sie heute noch.
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Der damalige Richtplatz liegt heute auf einer Grünlandfläche zwischen Himmelpforten und Düdenbüttel
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Tausende hatten sich dort am Freitag, dem 24. Juli 1835, zusammengefunden, um zu sehen, wie dem jungen Paar der Kopf abgeschlagen wurde. Es war eine der letzten öffentlichen Hinrichtungen im Königreich Hannover, die erste und zugleich letzte im Amt Himmelpforten.
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Das schreckliche Ereignis geriet nie völlig in Vergessenheit und es verwundert daher nicht, dass das damalige Geschehen, soweit es öffentlich bekannt wurde, in der mündlichen Überlieferung der Menschen ausgeschmückt und verklärt wurde.
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Sogar zum Gegenstand einer Spukgeschichte wurde es. Diese wurde 1902 erzählt:
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"Vor fünfzig Jahren kehrte ich am späten Abend hoch zu Ross von Stade heim. Kurz vor Himmelpforten bog ich links von der Chaussee ab in die Heide, um über Kuhla einen Richtweg nach meinem damaligen Domizil einzuschlagen. Es war heller Mondschein. Plötzlich stutzte mein vom Nachbarn entlehnter, mutiger Gaul, spielte mit den Ohren, schnob mit den Nüstern. Ich stieg ab. Vor uns lag ein Haufen Steine, mehr breit als hoch, auf den Äckern gesammelt, hierher getragen und achtlos hingeschüttet. Anderen Tags erfuhr ich erst, dass vor Jahrzehnten hier ein scheußliches Drama seinen schauerlichen Abschluss gefunden habe. Anna war die Geliebte Friedrichs. Während dieser seiner Militärpflicht genügte, ehelichte dessen Vater, ein Witwer, die Braut seines Sohnes, die Anna. Wenige Monde nach Friederichs Heimkehr ins Elternhaus lag eines Morgens der Alte tot hinter seinen Pferden im Stall. Angeblich von Pferden erschlagen. Doch wenn der Faden noch so fein gesponnen wird, und die lautlosen Wände in düsterer Nacht bei grauenvollen Vorgängen im Schweigen verharren: Gottes Stimme wird zur Volksstimme. Anna und Friederich waren die Mörder. Die eine hatte in dem Alten den Gatten, der andere den Vater meuchlings durch Strangulation gemordet. Das richterliche Urteil lautete auf verschärfte Todesstrafe. Auf einer Kuhhaut, auf einer Schlöppe liegend, wurde das Paar nach oben bezeichnetem Richtplatze geschleift, hier enthauptet und begraben."
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"Die Frau hatte vor ihrer Verheiratung ein Liebesverhältnis mit dem jungen Meier. Als dieser als Soldat vom Hause abwesend war, ließ sie sich überreden, seinen Vater zu heiraten. Vom Militär ins Elternhaus zurückgekehrt, fing der junge Meyer das Verhältnis wieder an und beide beschlossen, den alten Meyer zu ermorden."
Und er wusste von der kleinen Anna Catharina.
"Die Frau ist eingezogen worden, nachdem ihr Stiefsohn das Verbrechen bekannt hatte und hat einige Monate später einer Tochter das Leben geschenkt, deren Vater ihr Stiefsohn war. Diese ist nach der Hinrichtung ihrer Eltern in das Waisenhaus zu Hannover gekommen und soll sich gut verheiratet haben."
Woher konnte "Opa Bierschwall" dieses wissen? Kehrte Anna Catharina später zurück und begab sich auf die Spuren ihrer Eltern? Traf sie in Himmelpforten auf ihn, den unmittelbaren Zeitzeugen?
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Quelle: v. Issendorf, Kloster und Amt Himmelpforten, Stader Archiv 1911/13
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1. Kapitel Die ersten Spuren
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Hier in der Heide verlebte die kleine Anna die ersten sieben Jahre ihres Lebens. Als ihr Vater 1815 im Alter von 53 Jahren starb, gab Mutter Catharina die kleine Anna zusammen mit ihrer etwas älteren Schwester Anna Catharina zu Verwandten nach Mittelsdorf.
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Um 1808 mag es dort so ausgesehen haben.
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Er sah aus so wie hier auf dem Foto zu sehen. Links davon befand sich die Butze, wo die gesamte Familie schlief.
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In der Kruke wurde gerne Branntwein aufbewahrt. Die Menschen nahmen solche Gefäße, gefüllt mit Wasser oder Kaffee aber auch gerne mit zur Feldarbeit.
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Der Friedhof auf der Horst, dort wurde Annas Vater beerdigt
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2. Kapitel Cord Meyers Traum
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Im Jahre 1831 erfüllte sich der Kötner Cord Meyer aus dem Bützflether Moor einen Lebenstraum. Es gelang ihm, einen Bauernhof auf der Geest zu kaufen. Am Stellberg in Blumenthal. Ein großer und alter Hof, mit Scheune und Häuslingshaus.
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Winterwolken über dem Stellberg. Dort, wo das schneebedeckte Dach durch die Eichen schaut, lag vor 175 Jahren der Hof von Cord Meyer.
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Dort hatte Marten Hagenah aufgegeben, seinen vom Vater übernommen Hof zur erneuten Bemeierung an die Gutsherrschaft zu Laumühlen zurückgegeben.
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Bewegte Geschichte eines Hofes: 1803 von Marten Hagenah übernommen bis zum Verkauf an Bartold Witt und Johannes Horwege.
Hinter Cord Meyer steht die Bemerkung: "Ermordet von seinem Sohn und Ehefrau 1833"
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Cord Meyer konnte nicht schreiben. Für die notwendige Unterschrift unter den Meierbrief schrieb ihm der Schreiber seinen Namen in Bleistift vor und Meyer malte mit der Feder nach.
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Cord Meyer, schon Mitte fünfzig, war im Moor geboren worden. Schon seine Eltern waren “Moorbewohner”, wie es damals hieß. Das harte, entbehrungsreiche Leben im Moor hatte ihn geprägt, hatten ihm schon zwei Töchter und seine erste junge Ehefrau gekostet.
Cord Meyer war kein unbeschriebenes Blatt. Viehdiebstähle wurden ihm angelastet. Dafür saß er im Gefängnis.
Nun endlich gelang ihm der Sprung auf die Geest. Mit hohem wirtschaftlichen Risiko. Das Geld für die Hofübernahme musste er sich überall zusammenleihen. Bei Verwandten, bei Kreditgebern. Und von Anfang an hatte er finanzielle Schwierigkeiten.
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3. Kapitel Die Spreckels-Eiche
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Mit Cord Meyer zog auch Jacob Wohlers mit seiner Familie an den Stellberg. Jacobs Frau Margarethe war die Schwester von Cathrine, der zweiten Frau des Moorbauern, die, wie oben erwähnt, im Sommer 1832 starb.
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Beide, sowohl Jacob Wohlers, der die Stelle des Blumenthaler Dorflehrers annahm, noch Cord Meyer konnten ahnen, dass es mit der Kate der Wohlers, aber auch mit seinem Hof eine besondere Bewandtnis hatte.
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Der Hof von Wohlers, vormals Spreckels zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
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Es war das Elternhaus von Anna, das Haus ihres Vaters Behrend Spreckels, der es bereits vor Jahrzehnten gekauft hatte, dort seine Familie begründete. Als dort am Stellberg sein erster Sohn Claus Anno 1790 geboren wurde, pflanzte er an jener Stelle, wo die Hebamme die Nachgeburt vergrub, eine Eiche.
War sie gesegnet, stand sie auf einem besonders günstigen Platz? Sie gedieh zu einem der schönsten Bäume der ganzen Gegend - und lebte bis 1999!
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Die Spreckels-Eiche vor etwa zehn Jahren.
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Auf seinem Hof am Stellberg unterhielt Behrend Spreckels seine Dorfschule. 16 Jahre ging das, bis er 1804 vom Dachboden fiel und sich sein Bein brach. Eine Behinderung, die in den wirtschaftlichen Ruin führte. Die Dorfschaft entzog ihm die Schule, verweigerte eine Pension.
Drüben, im später Cord Meyerschen Hof, der zu jenem frühen Zeitpunkt der des Dorfrichters Hagenah war, wurde dies beschlossen.
Behrernd Spreckels musste seinen Hof, seine Existenz, verkaufen und musste mit seiner Familie aufs verfrühte, spärliche Altenteil in der Heide. Sein Ältester musste sofort vom Hof, verdingte sich als Knecht in Kehdingen.
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Verfluchte Behrend den Hof des Richters? Den späteren Hof von Cord Meyer? Warum zog mit seiner Tochter Anna Jahrzehnte später das Unheil an den Stellberg?
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