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07.02.2020
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Aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges 1939 - 1945
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Nacherzählt von Bernhard Gooßen, Jahrgang 1943
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Der Zweite Weltkrieg steht untrennbar im Zusammenhang mit dem Ende der Weimarer Republik, der Machtübernahme durch Adolf Hitler, der Errichtung des diktatorischen NS-Regimes mit Gleichschaltung aller Lebensbereiche, der menschenverachtenden Art der Kriegsführung sowie des exzessiven verbrecherischen Wahns der Judenverfolgung bis hin zum Holocaust.
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Das Jahr 1933 markierte in Deutschland eine einschneidende Wende; damals gelang es Adolf Hitler, die noch wenig gefestigten demokratischen Strukturen der Weimarer Republik in eine uneingeschränkte Diktatur umzuwandeln.
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Nach dem Erreichen der Alleinherrschaft als Reichskanzler und Reichspräsident 1934 entfesselte Hitler fünf Jahre später den Zweiten Weltkrieg, dem über 60 Millionen Menschen zum Opfer fielen und der Deutschland in den militärischen, wirtschaftlichen, kulturellen und moralischen Ruin getrieben hat. Die von den Nazis ergriffene Macht ließen sie freiwillig nicht mehr los, zwölf bittere Jahre lang - was am Tage der Machtergreifung wohl wenige ahnten.
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Die Historiker sind sich weitgehend einig, dass Hitler zumindest in den Anfangsjahren gewollt war; zunächst und vor allem von der großen Zahl seiner glühend begeisterten Anhängerschar, dann auch von namhaften Eliten und schließlich von der übergroßen Mehrheit der Deutschen.
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Die weit verbreitete Unzufriedenheit und die nach 1918 entstandenen Ängste und Sehnsüchte waren der Nährboden, auf dem Hitlers Agitationstalent gedeihen konnte. Enttäuschung über den verlorenen Krieg, Schmach der Kriegsfolgen, Bitterkeit über Not und Arbeitslosigkeit sowie Angst vor Unruhen und Bürgerkrieg führten dazu, dass man Hitler gerne glauben wollte. Hitler vermochte diese Gefühle der Menschen für seine Ziele auszubeuten.
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Gesichter im Fackelschein, Aufmärsche mit Stiefelhämmern und Marschmusik, Trommelfeuer - so feierten die Nationalsozialisten ihre "Machtergreifung" in Berlin als Triumphzug.
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In den Dörfern entlang der Oste war die Reaktion darauf anfangs eher noch abwartend und verhalten. Allerdings gewann die neue Regierung auch bei den Dorfbewohnern zunehmend an Vertrauen; im Laufe der Zeit reihten sich immer mehr Menschen in den Jubel für den Führer ein.
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Aufmarsch von SA-Einheiten in Bossel mit Militärkapelle auf der Dorfstraße Richtung Blumenthal vor dem Gasthof Grell
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In Himmelpforten wurde am 1. Mai 1933 eine gewaltige Kundgebung einberufen. Die Bosseler fuhren fast alle hin. Einige konnten sich so recht noch keinen Vers von der ganzen Sache machen. "Wat schall dat?" fragten sie sich, fuhren aber trotzdem mit. Die Frauen blieben erstmal noch im Hause. Auf dem Marktplatz in Himmelpforten hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Musik, Anmarsch und Übertragung der Führer-Rede! Am Abend war auch dem - na, sagen wir 'Uninteressierten' doch so ein kleiner Seifensieder aufgegangen. So formuliert es Lehrer Werner Frommke in den handschriftlichen Aufzeichnungen, die er aus seinem Tagebuch während der Zeit an der Volksschule Bossel von 1933 bis 1938 machte und in der Schul- und Dorfchronik niederschrieb. Am Anfang seiner Notizen zählt Frommke die "ältesten Kämpfer des Führers" in Bossel auf, die 1931 in die Partei eingetreten seien und das Dorf schon früh geschlossen zum Nationalsozialismus bekehrt hätten.
Das Netzwerk der Partei reichte flächendeckend bis in jedes deutsche Dorf. Die NSDAP gliederte sich in Gaue, Kreise, Ortsgruppen, Zellen und Blocks. Bossel gründete 1933 zusammen mit Blumenthal zunächst einen Stützpunkt der Partei. Von 20 Pg. (Parteigenossen) waren allein 17 Bosseler. Die Parteiabende bei Heinrich Grell wurden immer mehr zu Dorfabenden.
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Als im November 1933 ein SA-Reservetrupp gegründet wurde, gab es nur wenig Häuser im Ort, die nicht irgendein Mitglied in der Bewegung hatten, sei es in der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei), SA (Sturmabteilung), HJ (Hitlerjugend), BDM (Bund Deutscher Mädel), NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt). Sämtliche Kinder des Dorfes taten seit 1934 Dienst im JV (Jungvolk) oder im JM (Jungmädelbund).
Pg. Peter Stelling wurde 1935 aufgrund seiner Verdienste zum Ortsgruppenleiter der Ortsgruppe Oldendorf ernannt, in die der Stützpunkt Bossel / Blumenthal aufging.
Im September 1933 gründete man das WHV (Winterhilfswerk), eine Stiftung zur Entlastung der staatlichen Arbeitslosenfürsorge, die sich über ein System von Sammlungen, Spenden, Lotterien, Lohnverzicht und freiwilligen Arbeits- und Dienstleistungen finanzierte. Frommke faszinierte der Gedanke, dass das Volk dem Volke helfen solle. Die Bosseler hätten reichlich gegeben, nur hier und da habe einer geknurrt. Wenn alle Bauern hier so bedingungslos hinter dem Führer stünden wie die Bosseler, dann sei der Sieg gewiss.
Gewählt wurde in Bossel seit 1933 immer mit 100 % für den Führer. Häufig hieß es nach der Wahl: "Wi hebbt em jo wählt, ober ob dat richtig worn is, wet wi ok nich. Achterran hebbt wie bi Heini noch'n lütten nohmen."
Am Todestag Paul von Hindenburgs am 2. August 1934 wurde im Dorf halbmast geflaggt. Viele hörten bei Grell die Übertragung der Trauerfeier und empfanden echte Trauer um den großen alten Mann, allerdings in der Gewissheit, dass das Reich in starken und guten Händen sei.
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Der Findling wurde mit großem Aufwand von Gooßens Weide hinterm Kamp geholt. Unter der Anleitung von Tischlermeister Adam aus Burweg ging es los. Der Findling lag im Graben. Man stellte einen Flaschenzug darüber, legte starke Ketten um den Stein, schaffte den großen Brocken langsam auf den Ackerwagen von Hinrich Horeis und fuhr ihn zur Denkmalstelle. Nach fünf Stunden Arbeit, an der fast alle Männer des Dorfes beteiligt waren, war der anschließende Grog in der Gastwirtschaft bei Heini Grell verdient.
Der alte Notteich musste mit 130 Fuder Sand verfüllt werden. In den von Maurermeister Witt aus Oldendorf als Fundament gebauten Zementblock legte man die Urkunde. In dieser Urkunde heißt es unter anderem: In dem großen schweren Weltkriege 1914 - 1918 waren auch Bosseler Bürger in das Feld gezogen, um das Vaterland zu schützen. Irgendwo in Feindesland ruhen ihre Gebeine, aber ihre Seelen nahm Gott in sein himmlisches Reich. Des sind wir gewiss. Unser Dorf ist klein. Es hat nur 118 Einwohner. Die Not der Nachkriegszeit traf auch unser Dorf schwer und so kam es, dass erst jetzt, 21 Jahre nach Beginn des Weltkrieges, die Gemeinde ein Denkmal den gefallenen Helden setzen kann.
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In seiner rückblickenden Betrachtung konstatiert Lehrer Frommke, dass es leicht sei, in der Entwicklung des Dorfes Bossel von 1933 bis 1938 den Aufschwung festzustellen. Da seien in Not geratene Höfe wieder vom Staat in Ordnung gebracht sowie Silos, Kartoffelkeller und sonstige Hof-verbesserungen gebaut und der Kartoffelanbau durch die Saatzucht gefördert worden.
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Fünf alte Bauerngeschlechter Holthusen, Stelling, Wolper, Gooßen und Breuer erhielten 1937 in feierlicher Form ihre Tafeln über den Nachweis der 200-jährigen Erbfolge.
Bürgermeister Hermann Hölting, der seit 1920 das Bürgermeister-Amt inne hatte, trat am 1. Februar 1938 zurück. Sein Nachfolger wurde der Bauer Bernhard Breuer.
Die Machtstrukturen waren im gesamten Reich neu geordnet worden und in allen Lebensbereichen auf die Parteiorganisation der NSDAP ausgerichtet, so auch in den Dörfern. Einen entscheidenden Einfluss übte dort der Ortsgruppenleiter aus. Diese "Neuordnung" der hierarchischen Machtverhältnisse, in der nur überzeugte Verfechter des NS-Regimes in Führungsfunktionen der Partei aufrückten, brachte gelegentlich erhebliche Konflikte im Zusammenleben der Dorfgemeinschaft mit sich. Schließlich waren nicht alle gleichermaßen nur beigeisterte Anhänger der neuen Linie und bereits vorher bestehende zwischenmenschliche Differenzen bekamen nun eine andere Dimension, zumal sich die sittlichen und moralischen Wertvorstellungen bei einigen "kleinen Führern" verändert hatten und diese ihre neue Macht über Mitbürger auskosteten und auch ausspielten.
Die Bauern waren verpflichtet, festgelegte Kontingente von ihrer Ernte abzuliefern, um so die Versorgung der im Krieg befindlichen Soldaten zu gewährleisten. Diese Kontingente wurden entsprechend der Größe bewirtschafteter Flächen sowie der Ernteerträge für die einzelnen Höfe im Dorf festgelegt. Dabei soll es zwischen dem Bürgermeister und dem Ortsgruppenleiter zu einem heftigen Disput gekommen sein. Letzterer wollte einem Bauern, mit dem er seit langem im Zwist lebte, ein derart hohes Kontingent auferlegen, das dieser nicht hätte erbringen können. Nur mit dem energischen Hinweis des Bürgermeisters, dass jener Bauer doch nicht mehr abliefern könne als er überhaupt geerntet habe, konnte der Ortsgruppenleiter von seiner überzogenen Forderung abgebracht werden.
Ähnlich verhielt es sich, als ein Soldat von der Ostfront nach Hause zurückkehrte und vom Ortsgruppenleiter befragt wurde, wie es denn an der Front aussehe. Seiner Überzeugung entsprechend antwortete er, dass es bald zu Ende ginge und der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei. Die Reaktion des fanatischen Regime-Anhängers war heftig: "Wenn du nicht mein Nachbar wärst, würde ich dich aufgrund dieser Äußerungen abholen lassen."
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Am 12.09.1939 besuchte Köpke den Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg, auf dem der Führer in seiner Schlussrede das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen forderte. Auf der Rückfahrt von Nürnberg nach Bossel sprachen die Teilnehmer darüber, dass eine kriegerische Auseinandersetzung unvermeidbar sei, und sie wähnten sich schon auf einem Truppentransport.
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Unter dem Datum 14. Juni 1940 vermerkt Köpke, dass deutsche Truppen in Paris einmarschiert seien. Seine weiteren Ausführungen sind von Enthusiasmus getragen und verdeutlichen auch eine Motivation für den Kampf an der Westfront: Wir Weltkriegssoldaten (des 1. Weltkrieges) können dies Tempo nicht fassen. Wie lange lagen wir vor Verdun, vor Reims! Die Festungen fallen in ein paar Tagen. Wir können's nicht fassen. Könnten das unsere toten Kameraden von 1914/18 sehen! Der Gefreite des Weltkrieges, unser Führer, ist Politiker und Stratege; was damals nicht erreicht werden konnte, er vollendet es. Die Opfer des großen Krieges sind nicht umsonst.
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Auf den Höfen fehlten die Männer, besonders in den Zeiten der Frühjahrsbestellung und der Ernte. Trotzdem musste es weitergehen, und mit gegenseitiger nachbarlicher und verwandtschaftlicher Hilfe ging es irgendwie auch.
Bereits im September 1939 wurden Otto Behnke, Paul Dankers und sein Sohn Diedrich Dankers, sowie Hinrich Horeis und Peter Stelling zur Wehrmacht eingezogen. Claus Hagenah, Hinrich Heinbockel und Wilhelm Stüven dienten bereits aktiv. Die älteren Soldaten Peter Stelling und Hinrich Horeis kamen im April 1940 wieder in die Heimat zurück. Im Juni 1940 mussten Hinrich Gooßen, Klaus Dankers und Hermann Michaelsen (Häusling bei Hinrichs) dem Gestellungsbefehl folgen. Danach wurden im Oktober und November 1940 Soldat: Hinrich Behrens, Johann Hellwege, Hinrich Hagenah und Johannes Heinbockel.
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Während des 2. Weltkriegs, war es auch in Bossel selbstverständlich, dass die Frauen bei der Feldarbeit anpackten und sich gegenseitig auf den Höfen halfen.
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Die im Kriege befindlichen Bauern stellten zwar immer wieder Anträge auf zusätzlichen Ernteurlaub bzw. Arbeitsurlaub, der jedoch meistens abgelehnt wurde. Teilweise wurde der Reichsarbeitsdienst in der Landwirtschaft zur Unterstützung der Bauern eingesetzt. Im Mai 1940 übernachteten die Männer des Arbeitsdienstes auf dem Saal im Gasthof Grell.
Kriegsgefangene, Franzosen und Belgier, kamen nach dem Feldzug im Westen auf die Höfe und halfen bei der täglichen Arbeit. Manchmal gab es als Ersatz für die abgelieferten Pferde sog. Beutepferde.
Im August 1940 waren im Saal von Gastwirt Heinrich Grell über 50 Gefangene untergebracht, Wallonen, Flamen und Franzosen. Sie arbeiteten bei den Bauern in Bossel und Blumenthal und wurden von den Höfen auch mit Essen versorgt. Unter ihnen befanden sich einige Handwerker, die man hauptsächlich in Himmelpforten beschäftigte.
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Im November 1941 war ein Trupp von 20 russischen Kriegsgefangenen auf den Höfen in Bossel eingesetzt; sie sollten die letzten Rüben und Kartoffeln aus der Erde holen. Wach-Soldaten bewachten die Gefangenen, die meistens in der Scheune des Hofes übernachteten, auf dem sie zur Arbeit herangezogen waren. Ein russischer Gefangener starb; seine Kameraden beerdigten ihn in der Dämmerung auf dem nordwestlichen Teil des Friedhofs etwas abseits von den übrigen Gräbern.
Mitte 1942 befanden sich in Bossel Kriegsgefangene verschiedener Nationalitäten: Franzosen, Belgier, Serben, Kroaten, Polen, Russen, Ukrainer und Staatenlose. Trotz anfänglicher Verständigungsproblemen kam man miteinander ganz gut aus. Fast alle erledigten ihre Arbeiten bereitwillig; sie wurden durchweg gut behandelt.
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Dass die Zivilbevölkerung in diesem Krieg von den Kampfhandlungen noch stärker direkt betroffen war, lag an der enormen Entwicklung der Rüstungsindustrie, die großflächige Bombardierungen ganzer Wohngebiete ermöglichte. Hamburg wurde schwer heimgesucht. Lehrer Köpke, der am Tage nach dem Luftangriff vom 29.7.1942 dort war, berichtete, dass in Barmbek ganze Straßenzüge in Schutt und Asche lagen und vom Eppendorfer Krankenhaus mehrere Pavillons zerstört wurden, ebenso wie der Alsterpavillon und an der Alster gelegene Kaufhäuser. Ein Jahr später ist Hamburg weitgehend zerbombt, verbunden mit unbeschreiblichen Schicksalen für die Bevölkerung der Hansestadt.
Auf dem Wege nach Hamburg und Berlin überflogen die englischen Bomber das Elbe-Weser-Gebiet. Bei der Abwehr durch deutsche Flakeinheiten kommt es dabei zu Bombenabwürfen auch in ländlichen Räumen.
In und um Bossel brachte man im November 1941 zur Abwehr von englischen Bomber-Flugzeugen Scheinwerfer, Horch- und Radargeräte in Stellung und baute Baracken für die Nachrichtensoldaten. Die Baracken standen an verschiedenen Stellen, auf der Höhe hinter dem Friedhof, an der Straße nach Blumenthal, am Tannenkamp und auf der Höhe nach Oldendorf.
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So wie zu verschiedenen Zeitpunkten sonst auch gab es in der Nacht zum 26.7.1943 Flieger-Alarm. Sirenen ertönten in Oldendorf, Hechthausen, Hemmoor und Basbeck. Die Bewohner von Bossel wurden zusätzlich durch Horntuten gewarnt. Sie flüchteten dann in behelfsmäßige Bunker. Auf dem Hof Gooßen war dies ein Erdsilo, der sich abseits vom Bauernhaus befand und in den die ganze Familie Hals über Kopf flüchtete, den Kinderwagen mit dem eine Woche alten Kleinkind (Verfasser) vor sich herschiebend. In der Zeit von elf bis drei Uhr surrten große Scharen von Flugzeugen ohne Unterlass über die Dörfer hinweg. In der hiesigen Gegend erfolgten Bombenabwürfe in Heinbockel und Kranenburg, wo der Durchmesser eines Bombentrichters fast 30 m betrug. In Blumenthal fielen Bomben in die Wiesen, sechs davon detonierten, vier waren Blindgänger oder hatten Zeitzünder. In der Nacht vom 29. zum 30. Juli 1943 wurde das Nachbardorf Klint bombardiert, fünf Menschen starben, viele wurden verletzt, mehrere Höfe gingen in Flammen auf.
Nach den Bombardierungen von Hamburg Ende Juli 1943 kamen Frauen und Kinder, die dort in den Bombennächten nur ihr Leben retten konnten, in unsere Dörfer. Auch in Bossel trafen in der Nacht zum 29.7.1943 ausgebombte Menschen aus Hamburg ein; sie hatten weiter nichts als ihre Kleidung am Körper, selten noch eine geringe Habe. Sie hatten die Hölle durchlebt! Am 1. August 1943 kamen dann weitere 15 evakuierte Personen aus Harburg hierher. Später wurden sie anderweitig untergebracht bzw. in Lazaretten versorgt.
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Als die Russen nach Ostpreußen und Schlesien vorrücken, verließ die dortige Bevölkerung ihre Heimat, zog in Trecks wochenlang nach Westen. Vieles von dem was sie noch mitnehmen konnten ging unterwegs verloren. Anfang Februar 1944 kamen die ersten Vertriebenen in die Dörfer; es wurden laufend immer mehr. Jedes Haus musste Flüchtlinge aufnehmen. Je mehr aber kamen, desto schwieriger wurde die Unterbringungsmöglichkeit. In den Bauernhäusern gab es nicht die Räume, die man brauchte. Die Familien rückten eng zusammen. Da es auch sonst an allem fehlte, konnten Konflikte nicht ausbleiben, die erst im Laufe der Zeit überwunden wurden, bis man sich schließlich annäherte.
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In den letzten Monaten des Krieges gab es auch in den kleinen Dörfern längst keine Sicherheit mehr. Hinzu kam die bedrückende Gewissheit, dass sich die Fronten den deutschen Grenzen immer mehr näherten. Hitler und seine Leute und gleichermaßen auch einige fanatische Kämpfer vor Ort wollten das oft bis zuletzt nicht sehen und schon gar nicht die Konsequenzen daraus ziehen.
Als am Morgen des 3. Mai 1945 feindliche Truppen von Himmelpforten und Oldendorf her auf Bossel vorrückten, sollte der Ort verteidigt werden. Das Wohnhaus von Stüven an der Chaussee brannte und gegen 10 Uhr auch das Tagelöhnerhaus von Hinrichs am Eingang zum Dorf. Ebenso ging ein wenig später die große Wehrmachtsbaracke in Flammen auf.
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Als Gooßen sich anschickte, mit einem weißen Bettlaken den feindlichen Soldaten die Kapitulation des Dorfes zu signalisieren, wollte der anwesende Ortsgruppenleiter ihn durch Drohen mit der Pistole daran hindern. Durch das beherzte Eingreifen des Bürgermeisters wurde diese Situation entschärft. Gooßen entriss einem Soldaten das Gewehr; die übrigen Soldaten warfen ihre Pistolen und Panzerfaust weg. Der brennende Reethaufen konnte gelöscht werden. Die Soldaten gerieten in Gefangenschaft und das Dorf Bossel wurde von feindlichen Truppen besetzt.
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In Blumenthal gingen die Höfe von Helling und Vollmers in Flammen auf; in Burweg wurden fünf Gehöfte in Brand geschossen. Um 16.30 Uhr am gleichen Tag sprengte man die Eisenbahnbrücke über die Oste zwischen Burweg und Hechthausen, ihr Mittelteil flog in die Luft. Bei der ebenfalls vorbereiteten Sprengung der Straßenbrücke zündete nur eine Sprengladung, die der Brücke nichts anhaben konnte, so dass sie erhalten blieb.
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Neben den einzelnen Gefahrensituationen und zu den eher kleineren Problemen im täglichen Alltag kamen aber für einige Familien ungleich stärkere Belastungen hinzu, wenn sie eine traurige Nachricht von der Front erreichte. Leider kehrten nicht alle aus Bossel einberufenen Soldaten wieder in die Heimat zurück, sondern mussten im Krieg ihr Leben lassen. Wenn ein Brief mit einer Todesnachricht im Dorf eintraf, sprach sich die Nachricht wie ein Lauffeuer herum. Die Dorfgemeinschaft empfand tiefe Trauer mit der Ehefrau, den Kindern und den Verwandten, die alle von diesem Schicksalsschlag betroffen waren.
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Ehrentafel am Kriegerdenkmal
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Von den Soldaten aus Bossel ließen im Zweiten Weltkrieg ihr Leben:
Klaus Behrens (gefallen 15.05.1940), Hinrich Hagenah (gef. 20.02.1942), Heinz Stelling (vermisst 17.07.1944), Hans Wolper (verm. 24.07.1944) Hermann Michaelsen (gef. 14.09.1944) und Klaus Dankers (gef. 25.01.1945).
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